RatgeberUrsachen des Lipödem: Von Genen, Hormonen und anderen Auslösern

Ursachen des Lipödems: Von Genen, Hormonen und anderen Auslösern

Wer die Diagnose „Lipödem“ erhält, fragt sich vielleicht: „Warum gerade ich? Warum plagen mich schon so lange schwere, schmerzende Beine?“ In diesem Blogbeitrag gehen wir den möglichen Ursachen des Lipödems auf den Grund, damit Sie Ihre chronische Erkrankung besser verstehen.

Ursachen des Lipödem: Von Genen, Hormonen und anderen Auslösern

Inhalt

Lipödem-Auslöser: Das Wichtigste in Kürze

  • Man geht davon aus, dass sowohl genetische als auch hormonelle Ursachen bei der Entstehung des Lipödems eine Rolle spielen.
  • Weitere Faktoren wie Stress, Bewegungsmangel und eine fettreiche Ernährung gelten nicht als Ursachen für das Lipödem, können die Beschwerden aber verstärken.
  • Keine Frau kann etwas dafür, dass sie an einer chronischen Fettverteilungsstörung leidet. Das eigene Verhalten kann aber die Schwere der Lipödem-Symptome beeinflussen.

Das Lipödem ist aktuell wenig erforscht – erst 2017 hat die Fettverteilungsstörung einen ICD-Code erhalten und wurde damit als Krankheit anerkannt. Das ist der Grund, warum die Ursachen noch nicht schlussendlich geklärt sind. In diesem Artikel fassen wir den aktuellen Wissensstand zusammen und nennen darüber hinaus mögliche verstärkende Faktoren, die ebenfalls eine Rolle spielen könnten.

Veranlagung gehört zu den wichtigsten Lipödem-Ursachen

Das Lipödem tritt innerhalb von Blutsverwandten gehäuft auf. Deshalb ist davon auszugehen, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen. Unklar ist allerdings, welche genetischen Varianten beteiligt sind. Diskutiert werden eine mögliche Sequenzabweichung und durch Östrogene vermittelte Störungen.

Wenn bei Ihren Eltern oder Großeltern ein Lipödem vorliegt, können Sie Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin davon berichten. In diesem Fall ist es wahrscheinlicher, dass vermeintliches Übergewicht auch bei Ihnen auf eine behandlungsbedürftige Fettverteilungsstörung zurückzuführen ist.

Nur weil ein Lipödem vererbt werden kann, heißt das jedoch nicht, dass Ihre Tochter automatisch eine Fettverteilungsstörung entwickeln wird. Die Disposition kann, aber muss nicht an die nächste Generation weitergegeben werden. Außerdem kann es sein, dass Ihre Mutter ein Lipödem hatte, Sie jedoch keinerlei Symptome zeigen, aber Ihre Tochter mit 14 Jahren plötzlich über stämmige und schmerzende Beine mit blauen Flecken klagt.

Wenn Sie eine familiäre Veranlagung in Ihrer Familie vermuten, kann es sinnvoll sein, besonders bei hormonellen Umstellungen auf mögliche Symptome zu achten. Suchen Sie im Fall der Fälle einen Arzt oder eine Ärztin auf, um abzuklären, ob bereits ein Lipödem-Stadium vorliegt. Da Hausärzte die Fettverteilungsstörung gerade im Stadium 1 nicht immer erkennen und manchmal auch in späteren Stadien als Adipositas abtun, kann der Gang zu einem Lipödem-Spezialisten sinnvoll sein. Im Lipödem-Zentrum München sind wir gerne für Sie da, wenn Sie eine Behandlung wünschen. Mehr über uns erfahren Sie hier. Zur Terminvereinbarung kommen Sie hier.

Übrigens: Männer können die Veranlagung für ein Lipödem ebenfalls vererben, auch wenn sie selbst nicht daran erkranken können.

Hormonelle Ursachen des Lipödems spielen auch eine große Rolle

Da ausschließlich Frauen an der Fettverteilungsstörung leiden, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass weibliche Hormone an der Entstehung der Erkrankung beteiligt sind. Genetische Ursachen schließen hormonelle Auslöser übrigens nicht aus. Tatsächlich könnte es sein, dass bei einer Frau ein Gendeffekt schon von Geburt an vorliegt, die Folgen aber erst im Rahmen einer hormonellen Umstellung zum Tragen kommen.

Meist treten die ersten Symptome während der Pubertät auf. Aber auch nach der Schwangerschaft oder während der Wechseljahre können Frauen ein Lipödem entwickeln. Daher ist anzunehmen, dass nicht die Hormone selbst, sondern hormonelle Veränderungen eine Rolle spielen.

Wie steht es mit hormonellen Verhütungsmitteln? Laut aktuellem Kenntnisstand gibt es keine direkte Verbindung zwischen der Einnahme der Pille und der Entstehung von Lipödem. Jedoch können hormonelle Schwankungen, wie sie durch die Pille verursacht werden, Symptome bei Personen, die bereits an Lipödem leiden, potenziell verschlimmern oder das Erscheinungsbild von Fettverteilungsstörungen beeinflussen. Daher sollten Lipödem-Patientinnen hormonelle Verhütungsmethoden möglichst meiden, idealerweise ganz darauf verzichten.

Manche Frauen mit Lipödem fragen sich auch, ob ein Östrogenmangel vorliegen könnte. Tatsächlich ist ein genauerer Blick auf die weiblichen Geschlechtshormone interessant. Während der Pubertät produziert der Körper allerdings nicht weniger, sondern größere Mengen an Östrogen. Ein Östrogendominanz wiederum könnte dazu führen, dass dieses Hormon an den Rezeptoren der Fettzellen andockt und so den Ausbruch oder die Verschlechterung der Fettverteilungsstörung auslöst.

Auch andere Sexualhormone könnten eine Rolle spielen. Produziert der Körper zu wenig Progesteron und Testosteron, entsteht ein Ungleichgewicht auch in Bezug auf das Östrogen. Diese Hormonstörungen könnten wiederum die Fettzellen zu einem Lipödem Schub veranlassen.

Schilddrüse als Ursache für Lipödeme?

Inwieweit sich die Schilddrüse und entsprechende Erkrankungen auf eine Fettverteilungsstörung auswirken, ist aktuell kaum erforscht. Es ist jedoch wie beschrieben möglich, dass ein Mangel an Progesteron die Symptome verstärkt. Progesteron ist einerseits wichtig für den zweiten Teil des weiblichen Zyklus, andererseits auch für die Aktivität der Schilddrüse. Bei einem Progesteronmangel arbeitet die Schilddrüse nicht mehr optimal. Das könnte ein Grund sein, warum einige Lipödem-Patientinnen auch Schilddrüsenerkrankungen - meist ist es eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) - haben.

Kann der Darm eine Ursache für ein Lipödem sein?

Diese Frage stellen sich manche Patientinnen, die nicht nur mit einer Fettverteilungsstörung, sondern auch mit Darmproblemen zu kämpfen haben. In der aktuellen Leitlinie ist von einem möglichen Zusammenhang jedoch nicht die Rede.

Völlegefühle, Blähungen, Verstopfung oder Durchfall könnten sich aber indirekt auf das Lipödem auswirken. So könnte ein gereizter Darm mehr Lymphe produzieren, die den Lymphabfluss wiederum beeinträchtigt. Druck im Bauch wiederum könnte sich auch negativ auf die Beine auswirken (ähnlich wie bei einer Schwangerschaft).

Führen psychische Ursache zu einem Lipödem?

Stress ist keine Ursache für die Entstehung eines Lipödems, könnte aber auf lange Sicht Schübe auslösen beziehungsweise verstärken. Tatsächlich gibt es eine Studie von 2020, die zeigt, dass 80 Prozent der befragten Lipödem-Patientinnen vor der Entstehung lipödembedingter Beschwerden starken psychischen Belastungen ausgesetzt waren. Darunter fallen zum Beispiel chronischer Stress, Depressionen, Essstörungen oder Burnout. Damit widerspricht die Studie bisherigen Annahmen, dass ein Lipödem lediglich psychische Probleme auslöse, ohne selbst davon beeinflusst zu werden.

Vielmehr scheint ein Kreislauf vorzuliegen: Eine Frau mit einer genetischen Veranlagung für die Entwicklung einer Fettverteilungsstörung könnte im Rahmen einer hormonellen Umstellung Symptome entwickeln, die chronischen Stress auslösen, der wiederum die Lipödem-Beschwerden befeuert. Eine mögliche Erklärung dafür ist die Tatsache, dass psychische Belastungen die Schmerzwahrnehmung verstärken. Das spielt hier vor allem deshalb eine Rolle, weil fast die Hälfte der Lipödem-Patientinnen von starken oder extrem starken Schmerzen berichtet.

„Bin ich selbst schuld am Lipödem?“

Das ist eine weitere Frage, die sich viele Frauen stellen, wenn sie die Diagnose „Lipödem“ erhalten. Hier können wir Sie beruhigen: Wie bereits erläutert, tragen wohl genetische und hormonelle Faktoren zur Entstehung der Fettverteilungsstörung bei. Sie müssen sich also nicht schuldig fühlen.

Das Opfer Ihrer Gene sind Sie jedoch nicht. Denn mit Ihrem Verhalten können Sie beeinflussen, welches Ausmaß die Erkrankung annimmt. Sie können selbst einiges tun, um Ihr Wohlbefinden zu steigern.

So geht’s:

  • Ernährung anpassen: Die durch das Lipödem entstandenen Fettzellen lassen sich mit keiner noch so ausgeklügelten Diät bekämpfen. Dennoch kann eine Ernährungsumstellung sinnvoll sein. Denn rund 60 Prozent der Patientinnen leiden nicht nur unter der Fettverteilungsstörung, sondern auch an Adipositas. Starkes Übergewicht wiederum lässt sich sehr wohl durch eine ausgewogene und kalorienarme Ernährung beeinflussen. Tatsächlich ist eine Reduktion des Übergewichts wichtig, da Adipositas die Symptome des Lipödems verstärken kann. Gleichzeitig senken Sie so das Risiko für ein sekundäres Lymphödem. Ausprobieren könnten Sie eine Low-Carb-Diät, die sich besonders zum Abnehmen eignet, da sie nicht zum Abbau von Muskelmasse führt.
  • Sport treiben: Regelmäßige Bewegung trägt natürlich ebenfalls dazu bei, Gewicht zu reduzieren. Zwar bleiben die lipödembedingten Fettzellen durch Sport unangetastet, aber häufig verringern sich die Beschwerden. Wenn Sie die Beine bewegen, verbessert sich der Abtransport der Lymphe und die Schwellungsneigung sinkt. Joggen, Wandern, Nordic Walking, Aquafit und Tanzen sind für Lipödem-Patientinnen gut geeignet, da hier die Sprunggelenke bewegt und die Füße abgerollt werden. Tragen Sie gerne Kompressionsstrümpfe, während Sie sich bewegen. Viele Betroffene empfinden das als angenehm.
  • Kompressionsstrümpfe tragen: Neben der manuellen Lymphdrainage gehört auch spezielles Kompressionsgestrick zur konservativen Therapie. Es sorgt dafür, dass weniger Flüssigkeit ins Gewebe gelangt und fördert den Abfluss der Lymphe sowie die Mikrozirkulation. Deshalb wird den meisten Patientinnen empfohlen, ihre Kompressionsstrümpfe immer zu tragen. Nur nachts können sie abgenommen werden. Übrigens sind Kompressionsstrümpfe gerade im Sommer wichtig, da die Beschwerden bei Hitze oftmals zunehmen. Sprays mit Methanol sorgen für Abkühlung, falls es unter den Strümpfen zu warm werden sollte.
  • Rauchen aufgeben: Nikotin kann die Zelldurchgänge blockieren und damit die Zirkulation hemmen, was sich wiederum negativ auf Ihre Lipödem-Beschwerden auswirken kann. Es lohnt sich daher – und auch aus vielen anderen Gründen – das Rauchen aufzugeben.
  • Passende Kleidung tragen: Achten Sie darauf, dass Sie Ihre Kleidung nicht einengt. Gut geeignet sind fließende und leichte Stoffe. 

Mit all diesen Maßnahmen können Sie eine professionelle Behandlung unterstützen. Das gilt auch, wenn Sie zusätzlich an einem Lymphödem leiden und den Effekt der Therapie verstärken möchten. Lymphödeme können als Begleiterkrankung eines Lipödems auftreten und verstärken die Schwellungen. Häufig kommen Lymphödeme auch in Kombination mit einer zusätzlichen Adipositas vor.

Was passiert im Körper, wenn ein Lipödem entsteht?

Die Pathogenese, also die Entstehung der Erkrankung, ist noch nicht vollständig erforscht. Es liegt nahe, dass die Bildung der Fettzellen gestört ist. Unklar ist aber, ob zu viele Fettzellen gebildet werden oder die Fettzellen lediglich zu groß sind – oder beides der Fall ist. Zu viele oder zu voluminöse Fettzellen wiederum könnten dem Lymphabfluss beeinträchtigen, was die Ödeme und die blauen Flecken erklären könnte. Wie die Druckschmerzen entstehen, ist offen.

Ausblick

Das Lipödem gilt als unheilbar, da keine ursächliche Behandlung möglich ist. Schließlich lassen sich weder die Gene noch die Hormonumstellungen ändern, die im Lauf des Lebens einer Frau auftreten. Die gute Nachricht: Die Diagnose ist kein Schicksal! Durch konservative Therapien wie etwa manuelle Lymphdrainagen lassen sich die Symptome oftmals gut lindern. Eine Reduzierung des Volumens und eine umfangreichere Reduktion der Schmerzen sind mit einer operativen Behandlung möglich. Mehr über die Lipödem-OP erfahren Sie hier. Gerne sind wir für Sie da, wenn Sie sich eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Therapie wünschen, die auch mögliche Begleiterkrankungen adressiert. 

Lipödem ist kein Schicksal

Neben konservativen Maßnahmen gibt es auch die Möglichkeit, ein Lipödem zu operieren. Dabei werden die Fettzellen abgesaugt und Patientinnen gewinnen ein Stück Lebensqualität zurück. Prof. Dr. Kovacs ist Ihr Experte für die Lipödem OP in München.